Eine nicht zu verpassende Gelegenheit

Die falsch ausgerichtete Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte hat zu einem Ungleichgewicht geführt, das sowohl die Landwirtschaft, als auch die Umwelt stark unter Druck setzt. Leider stellt auch die neue Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) keinen wirklichen Paradigmenwechsel dar.

Gestaltungsmöglichkeiten bieten auf nationaler Ebene allerdings die neuen nationalen Strategiepläne. Hier haben wir die Gelegenheit, unserer Landwirtschaft eine nachhaltige Zukunftsperspektive zu geben und die Ziele der Biodiversitäts- und der „Farm to Fork“-Strategie zur Vermeidung von Pestiziden, Kunstdünger und Antibiotika zu erreichen.

Die Europäische Kommission hat Luxemburg in ihren Empfehlungen für die nationalen Strategiepläne eine erschreckend schlechte Note in Sachen Umweltbilanz gegeben. Sie stellt fest, dass obschon 89% der Agrarfläche bereits unter Verträgen zum Schutz der Biodiversität stehen, die Resultate nicht zufriedenstellend sind. Wir müssen also die Landschaftspflegeprämie überarbeiten und die Zulagen an Maßnahmen koppeln, die nachweisbar positive Effekte auf unsere Umwelt haben.

„Luxembourg’s agriculture cannot escape the need to fundamentally adapt to climate change,“ schreibt die Kommission. Es sei essentiell für unsere Landwirtschaft, die Intensivierungstendenz der letzten Jahrzehnte umzukehren. Das Landwirtschaftsministerium stellt selbst fest, dass das Programm zur ländlichen Entwicklung ungewollt zur Intensivierung geführt hat.

Besonders die im EU-Vergleich doppelt so hohe Produktion von tierischen Produkten trägt zu hohen Emissionen von Ammoniak, Methan und Stickstoffmonoxid bei. Dies hat einen negativen Impakt auf die Luftqualität, die Biodiversität und unsere Ökosysteme.

Als Grünlandstandort ist Luxemburg zur Weidehaltung und somit zur Milch- und Fleischproduktion prädestiniert. Wir sind jedoch in den letzten Jahren völlig aus dem Gleichgewicht geraten.

Eine Studie des Instituts für Biologische Landwirtschaft und Agrarkultur ergab, dass 2018 in Luxemburg 27.453 Tonnen Soja verfüttert wurde, wovon 90% aus Ländern wie Brasilien importiert wurde. Pro Einwohner:in wird also eine Fläche von 187 m2 außerhalb Europas genutzt, um Soja für uns anzubauen. Die Studie zeigt aber auch, wie wir den Sojakonsum drastisch reduzieren können. Dafür brauchen wir eine nationale Sojaproduktion und wir müssen unsere Grünland verstärkt als Proteinquelle für unsere Tiere nutzen.

Für eine zukunftsfähige Nahrungsmittelproduktion müssen wir hin zu einer Autarkie der Betriebe, zu einer Reduzierung der Viehbestände und weg vom Import von Nährstoffen und Eiweiß. Zudem muss das Potential für Diversifizierung, insbesondere im Obst- und Gemüseanbau, endlich genutzt werden.

Zurzeit werden in Luxemburg lediglich 5,18% der landwirtschaftlich genutzten Fläche biologisch bewirtschaftet. Damit wir das Ziel von 20% biologisch bewirtschafteter Fläche bis 2025 erreichen, müssen wir einen Zahn zulegen. Dafür muss die Förderung der biologischen Landwirtschaft und die Anreize für eine Umstellung auf Bio Hauptbestandteil der nationalen Strategie sein. Programme für Biolandwirtschaft und für Biodiversitätsprogramme müssen in Zukunft etwa kumuliert werden können.

Wir brauchen eine bodengebundene Landwirtschaft, die mit dem arbeitet, was die Natur uns zur Verfügung stellt. Wir brauchen Betriebe, die qualitativ hochwertige Produkte für den regionalen Markt produzieren, statt eine exportorientiere Produktion, welche die Abhängigkeit der Betriebe verstärkt.

An diesen Zielen werden wir Grüne den nationalen Strategieplan messen.

Meris Sehovic